Neue Impulse für die zentralen Fragen unserer Zeit - Gründung der Academy

Juni 2014

In Repräsentanz Berlin der Robert Bosch Stiftung wurde am 20. Juni 2014 die Robert Bosch Academy eröffnet. 

Am 20. Juni 2014 hat die Robert Bosch Stiftung in ihrer Repräsentanz Berlin die Robert Bosch Academy eröffnet. Als neue Einrichtung der Stiftung in Berlin bietet sie renommierten Entscheidungsträgern und Meinungsbildnern aus aller Welt die Möglichkeit, einen Arbeitsaufenthalt in Berlin zu verbringen und sich für die Dauer ihres Aufenthalts am gesellschaftlichen Leben und politischen Dialog in Berlin und Deutschland zu beteiligen.

"Dies ist eine Zeit zum Nachdenken, in der wir die richtigen Schlüsse ziehen müssen", sagte der schwedische Außenminister Carl Bildt in seiner Eröffnungsrede mit Blick auf die aktuelle Krise in der Ukraine. Er erinnerte an den Ausbruch des 1. Weltkrieges vor einhundert Jahren und daran, dass die meisten Grenzen im heutigen Europa "mit Blut gezogen" worden seien. "Das letzte Jahrhundert hat 1914 begonnen", sagte Bildt, "Historiker der Zukunft werden vielleicht einmal sagen, dass das 21. Jahrhundert im Jahr 2014 begonnen hat." Das oberste Gebot sei daher, die territoriale Integrität zu respektieren und zu wahren. Die Ukraine-Krise wirke sich weit über Europa hinaus aus. "Anstelle Grenzen innerhalb Europas zu verändern, sollten wir Grenzen abbauen", sagte Bildt. Auch die Auflösung des Nahen Ostens sei beunruhigend, da die Sicherheit und Stabilität dieser Region die Nachbarn Europas unmittelbar beeinflusse. "Die augenfällige Schlussfolgerung ist: Der Zusammenhalt in unserer Union - und der mit unserer Partnern - ist der Schlüsselfaktor für den Zusammenhalt unseres Kontinents."

Die folgende Diskussion mit den Richard von Weizsäcker Fellows Brahma Chellaney (Indien), Huang Jing (China), Ivan Krastev (Bulgarien) und Soli Özel (Türkei) spannte einen weiten Bogen über Krisen und Protestbewegungen vom südchinesischen Meer bis hin zur Türkei, Bulgarien und dem Nahen Osten. Soli Özel kritisierte, dass China trotz seiner zunehmend bestimmenden Rolle sich nicht in entfernteren Regionen wie dem Nahen Osten engagiere. Der Politikwissenschaftler sieht einen Wendepunkt in der Weltpolitik auch nicht wie Carl Bildt im Eingreifen Russlands in der Ukraine, sondern in der Finanzkrise, die "der westlichen Welt das Rückgrat gebrochen hat".

Der bulgarische Soziologe Krastev ergänzte: "Die Wende begann mit Occupy Wall Street und endete mit Occupy Crimea." Er wies darauf hin, dass der Westen durch die Krise zwar wisse, wie verletzlich er sei. "Die größte Veränderung aber ist, dass wir nicht wissen, wie wir in Zukunft auf kritische Situationen reagieren werden. Diese Art der Sicherheit und Vorhersagbarkeit von Reaktionen ist verloren gegangen."

Huang Jing wies darauf hin, dass sich die Welt auch deshalb zu einer multipolaren Welt entwickelt habe, weil die etablierten Mächte wie Europa stagnierten. Der indische Politikwissenschaftler Brahma Chellaney hob hervor, dass "failing states" zu regionalen und grenzüberschreitenden Bedrohungen in Asien und Nordafrika geworden seien.

Die Rolle der sozialen Medien

Unterschiedliche Positionen vertraten die Fellows auch bei der Einschätzung der Rolle der sozialen Medien. Chellaney wertete soziale Medien als sehr mächtige Instrumente. In Indien könnten zum Beispiel keine Riesenstaudamm-Projekte mehr gegen den Willen der Bevölkerung umgesetzt werden. In China hingegen schon, weil es dort keine starke Zivilgesellschaft gebe. Soli Özil sieht den Einfluss der sozialen Medien skeptischer und nannte als Beispiel die Proteste auf dem Taksim-Platz: "Dort gab es keine Organisation hinter den Protesten, wie beispielswiese bei der Schwarzenbewegung in den 1960ern." Krastev entgegnete, dennoch würde die Reaktion der Öffentlichkeit zunehmend unvorhersagbar. "Jeden Tag gibt es Aufrufe, auf die Straße zu gehen und für oder gegen etwas zu demonstrieren. Und nie weiß man, wann die Leute ihnen folgen werden."

Das Profil der Robert Bosch Academy spiegelt genau diesen Anspruch einer globalen Diskussion über die zentralen Fragen unserer Zeit wieder. Die Fellows werden sich jedoch nicht allein mit traditionellen Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik befassen. "In vielen Diskussionen über die zentralen gesellschaftspolitischen Herausforderungen wird die internationale Perspektive zu wenig berücksichtigt", sagt Dr. Ingrid Hamm, Geschäftsführerin der Robert Bosch Stiftung. "Mit der Einladung hoch renommierter Experten und Entscheidungsträger an die Robert Bosch Academy wollen wir die politische und politiknahe Diskussion in Deutschland um wertvolle Impulse aus anderen Regionen der Welt bereichern." Die Robert Bosch Academy spiegelt damit die Themen und Schwerpunkte der Stiftungsarbeit - von Nachhaltigkeit und Gesundheit über Exzellenz in der schulischen Bildung bis hin zur Völkerverständigung.

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